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„Tell me Y!“

Der Kampf um die High-Potentials  der Generation Y

GENERATION "WHY?"

artwork: De Es Schwertberger
Die gegenwärtige Generation der nach 1980 geborenen, die „Gen Y“, oder aufgrund ihrer Internet-Affinität manchmal auch „Digital Natives“ genannt, gibt so manchem Personaler Rätsel auf: „Wollen die auch arbeiten?“ titelte kürzlich die ZEIT bezeichnenderweise. Ja, sie wollen durchaus, und viele sind auch hoch qualifiziert und stark intrinsisch motiviert. Doch gerade hier liegt auch der Hase im Pfeffer, wenn es für die Unternehmen darum geht im „War for Talents“ am Ende die Nase vorn zu haben: die umworbenen „High Potentials“ sind einfach nicht bereit ihre Lebenszeit mit Nebensächlichkeiten wie dem Streben nach Geld, Status und Titeln zu verschwenden. Sie sind vor allem sinngetrieben und wollen ihre Energie am liebsten für Tätigkeiten einsetzen, die ethisch einwandfrei sind und die Welt ein Stückchen besser machen. Die Gleichung „Lohn = Schmerzensgeld“ geht nicht mehr auf. Entsprechend werden insbesondere diejenigen Unternehmen Wettbewerbsvorteile haben, die (abgesehen von fairer Entlohnung) diese Sinndimension authentisch bedienen können, d.h. einen Unternehmenszweck jenseits von reiner Profit- und Dividendenmaximierung vorweisen können. Diese Tendenz, althergebrachte Motivationen in Frage zu stellen veranlasste einige Kommenatoren bereits, die „Gen Y“ zu „Gen Why?“ umzutaufen.


Die veränderten Wertehaltungen spiegeln sich auch deutlich im Thema von Führung, bzw. Partizipation wieder. Vertreter der Gen Y sind wenig beeindruckt von herkömmlichen Status-Hierarchien und autokratischem Top-Down Führungsstil. Auf diese Weise geführt zu werden ist ihnen eher unangenehm. Sie bevorzugen es ihr eigener Chef zu sein, und lieber selber zu gründen, als sich Vorschriften machen zu lassen. Dies erklärt auch den starken Trend zur eigenen Gründung und Enterpreneurship, den Gen Y an den Tag legt. Wo Hierarchien unumgänglich sind, werden sie möglichst flach gehalten, Führung geschieht auf Augenhöhe, charismatisch und kompetenzbasiert statt statusbasiert und wird mehr und mehr demokratisiert. Die „Digital Natives“ erwarten Partizipations- und Mitgestaltungsmöglichkeiten.

Firmen, die neuartige Modelle und Praktiken in diesem Sinne praktizieren, werden letztlich das Rennen machen. Ein Muster-Beispiel für eine solche – den Bedürfnissen der Gen Y entgegenkommende –  Praxis ist „HolacracyTM“, eine „soziale Technologie für Organisationen“ (www.holacracy.org), die bereits von zahlreichen progressiven Unternehmen  angewandt wird (Medium, The David Allen Company, Conscious Capitalism, Maestro Conference).

Ökonomischer Mehrwert oder Profitabilität z.B. wird bei Holacracy als erstklassige Messgröße geschätzt, aber nicht mit dem echten (evolutionären) Ziel oder Zweck („purpose“) eines Unternehmens verwechselt. Dieser wird weitaus breiter aufgefasst und hat in der Regel damit zu tun, einen Aspekt der Welt durch die Produkte und Dienstleistungen der betreffenden Organisation besser zu machen – was es für die Gen Y leichter macht sich damit zu identifizieren. Die Identifikation mit dem purpose, dem „Why?“ stellt hierbei sicher, dass die mitgebrachte, starke intrinsische Motivation auch zum Ausdruck kommen kann.

Das Holacracy-„Betriebssystem“ krempelt die Autoritätsstruktur des Unternehmens komplett um und überträgt die Autorität von Personen auf einen Prozess. Dieser Prozess und die dazugehörigen Spielregeln sind wiederum transparent expliziert in einer eigenen Verfassung („Holacracy Constitution“), auf die sich alle Mitglieder der Organisation gleichermaßen berufen können. Diese konstitutionelle Gleichheit aller Mitglieder der Organisation fühlt sich für Gen Y intuitiv richtig an.

Autorität und Verantwortung wird auf fraktale Weise auf alle Rollenträger der Organisation aufgeteilt. „Post-heroische Führung“ heißt in Holacracy, dass jeder seine Rolle führt. Die Rollen und ihre zugehörigen Verantwortlichkeiten wiederum werden in einem Governance-Prozess gemeinsam im Team definiert. Die Versklavung der Organisation durch menschliche Egos und deren persönliche Agenda wird eindrucksvoll unterbunden. Der alte heroische Führungsstil verliert im Kontext dieser Praxis seinen Nutzen und wird obsolet gemacht durch ein System der geteilten Verantwortung. Holacracy verzichtet gänzlich auf statusbasierte Titel und hilft „role and soul“ zu differenzieren,  d.h. die Rolle der Organisation von der individuellen Person zu unterscheiden (wo sonst Identifikation herrscht).

„And the winner is ... Holacracy!“ Ob sich am Ende tatsächlich Holacracy (oder ein ähnliches System) als neuer Trend der zeitgemäßen Organisationsgestaltung herauskristallisiert, wird sich zeigen. Doch eines ist sicher: der Wertewandel in der Gen Y wird die Arbeitswelt der Zukunft gehörig umkrempeln. Die Jagd nach den High Potentials ist eingeläutet. 

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TERMINE:

Intro-Workshop:
The Holacracy Experience 
23.-24. Jan. 2014 in Bremen 

kostenlose Schnuppervorträge:
"Holacracy® - soziale Technologie für sinnorientierte Organisationen" 
05. Nov. 2013 - Integralis Institut Hamburg, 19-21 Uhr

14. Nov. 2013 - Integralis Institut Bremen, 19-21 Uhr

ANGEBOT:
Ich bin seit 2009 zertifizierter Holacracy-Practicioner und seit kurzem auch Holacracy Agent. Als solcher biete ich Non-Profit-Organisationen und Start-Up Unternehmen Einführungsvorträge und Workshops (1-2 Tage) und auch Unterstützung bei der Einführung von Holacracy an. Der Benefit für mich hierbei besteht darin, möglichst viel Praxiserfahrungen sammeln zu können. Daher biete ich das auf Low-Cost, bzw. No-Cost-Basis an. Bei Interesse: dw (at) integral-con-text.de

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